Weiter keine Zinsen in Sicht

Weiter keine Zinsen in Sicht

Dies- und jenseits des Atlantiks sind Drosselungen der Anleihenkäufe möglich - doch Zinserhöhungen liegen in weiter Ferne.

Einmal im Jahr treffen sich die internationalen Notenbanker – normalerweise in den Bergen von Wyoming, Jackson Hole. Heuer wurde das Symposium vom 26. bis 28. August abgehalten, und zwar wegen der Pandemie bereits zum zweiten Mal in Folge virtuell. Marktteilnehmer fiebern dem Treffen stets mit großer Spannung entgegen, weil sie Indizien für den künftigen Zinskurs der Notenbanken erwarteten. Einmal mehr stand die Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell im Fokus. Es wurde erwartet, dass er Andeutungen machen würde, wann der Ankauf von Staatsschulden in Höhe von derzeit monatlich 120 Mrd. Dollar reduziert werden würde – im Fachjargon „Tapering“ genannt.

Dass die US-Zentralbank aus ihrer expansiven Politik aussteigen muss und wird, steht für viele Experten außer Frage. Das Hauptargument sind die aktuellen Inflationsdaten: Die Verbraucherpreise in den USA sind im Juli um 5,4 Prozent gestiegen und damit ebenso stark wie im Juni, was damals die höchste Rate seit August 2008 bedeutete. Spannend wird, wie die Börsen auf das „Tapering“ reagieren werden. Schließlich gilt die ungeheuer große Geldflut als einer der Hauptgründe für den starken Anstieg der Aktienkurse seit dem Pandemie-Crash im März 2020. Ein Zeitpunkt dafür steht allerdings noch nicht fest.

Powell deutete auf dem Symposium zwar an, dass er auf der Juli-Sitzung der Fed wie die meisten seiner Kollegen der Auffassung gewesen sei, „dass es angemessen sein könnte, das Tempo der Wertpapierkäufe in diesem Jahr zu reduzieren, wenn sich die Wirtschaft im Großen und Ganzen wie erwartet entwickelt“. Seither habe es auf der einen Seite einen starken Arbeitsmarktbericht für Juli gegeben. Es sei auf der anderen Seite aber auch das Risiko durch die Delta-Variante des Coronavirus gestiegen.

Nun hat sich auch noch die Lage am US-Arbeitsmarkt spürbar eingetrübt: Im August wurden in den USA lediglich 235.000 neue Stellen geschaffen und damit weit weniger als erwartet – die durchschnittlichen Prognosen lagen bei rund 750.000 neuen Jobs. Im Vormonat hatte das Plus noch bei 943.000 Stellen gelegen. Obwohl gleichzeitig die Arbeitslosenquote auf niedrige 5,2 Prozent fiel und die durchschnittlichen Stundenlöhne mit einem Plus von 0,6 Prozent doppelt so stark zulegten wie erwartet, ist ein baldiger Tapering-Start also alles andere als sicher. Und selbst wenn: Powell versicherte, dass eine Reduktion der Anleihekäufe nicht als direktes Signal für baldige Zinserhöhungen zu verstehen sei. Weitere Hinweise zur künftigen Geldpolitik können Marktteilnehmer bei der nächsten Fed-Sitzung am 21./22. September erwarten.

Am Donnerstag (9. September) traf sich der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB). Das Interesse an der Sitzung war dieses Mal besonders groß, da die Preise in der Eurozone schnell steigen. Zuletzt lag die Inflationsrate mit 3,0 Prozent im Vorjahresvergleich auf einem Zehnjahreshoch und über den Erwartungen. Gleichzeitig stockt aber die Konjunkturerholung und die Delta-Variante sorgt für weitere Unsicherheiten. Insgesamt ist daher noch keine wirkliche Straffung der Geldpolitik im Euroraum zu erwarten.

Doch zumindest könnten die Anzeichen für eine baldige Verlangsamung der Anleihekäufe im Rahmen des Notfall-Wertpapierkaufprogramms PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) zunehmen. Seit der Beschleunigung der Käufe im April 2021 liegt das monatliche Volumen bei rund 80 Mrd. Euro, seit Beginn des Programms im März 2020 wurden Bonds im Volumen von insgesamt 1.272 Mrd. Euro vom Markt genommen. Wahrscheinlich ist daher, dass die EZB zunächst zum ursprünglichen PEPP-Programm von 60 Mrd. Euro monatlich zurückkehrt. Die Auswirkungen am Markt dürften sich in Grenzen halten, zumal sich die Erwartungen für Zinserhöhungen im Euroraum inzwischen auf das Jahr 2024 verschoben haben.

Für Sparer sind das schlechte Nachrichten, dürfen sie doch auf absehbare Zeit nicht damit rechnen, eine Verzinsung für ihre Guthaben zu bekommen. In diesem Niedrigzinsumfeld können Zertifikate eine interessante Alternative darstellen. Je nach Chance-Risiko-Neigung des Anlegers und je nach Ausgestaltung des speziellen Zertifikats sind teilweise deutlich über dem Marktniveau liegende Zinsen zu erzielen.