Zukunftsfragen …

Zukunftsfragen …

… an Christian Hinterwallner, Head of Equity Research (RBI)

RCB: Das vergangene Jahr verlief nicht nur an den Börsen turbulent, sondern auch für Dich hat sich einiges verändert: Im Herbst bist Du vom Team Strukturierte Produkte zurück in die RBI gewechselt, wo Du seit heuer die Aktienanalyse leitest. Gibt es aus Deiner Zertifikate-Zeit Erfahrungen, die Dir auch in der neuen Position helfen? Und was die Finanzmärkte betrifft: Kann sich die zuletzt sehr starke Aktienmarktperformance fortsetzen oder sind Korrekturen zu erwarten?­­

C. Hinterwallner: „Die Zeit im Team Strukturierte Produkte war eine sehr wertvolle für mich! Den dort vorzufindenden absoluten Fokus auf die Kundenzufriedenheit und das Vorantreiben von Innovationen möchte ich auch in meine neue Rolle mitnehmen. Des Weiteren ist es als Leiter der Aktienanalyse sehr hilfreich, umfassendes Verständnis für den Wertpapier-Vertrieb und die Bedürfnisse der Kunden und Berater zu haben, um den österreichischen Raiffeisensektor auch im Hinblick auf Research optimal servicieren zu können.

Die Aktienmarktperformance seit dem Tief in der Krise hatte es wahrlich in sich, der breit gefasste MSCI World hat in dieser Phase z. B. rund 70 % zugelegt. Mittel- und langfristig gibt es weiterhin sehr gute Gründe optimistisch zu bleiben. Die Kombination aus überdurchschnittlichem Wirtschaftswachstum, gepaart mit der sehr lockeren Geldpolitik, sollte für schöne Gewinnanstiege bei den Unternehmen sorgen und sich auch in entsprechende Kursanstiege ummünzen lassen. Die mittlerweile wieder ambitionierten Bewertungen und die da und dort heiß gelaufene Stimmung lassen uns aber darauf schließen, dass die Gefahr kurzfristiger Rückschläge zuletzt deutlich angestiegen ist.“

RCB: Wird nach der Impfung alles wieder wie vorher, oder hat die Pandemie strukturelle Veränderungen beschleunigt und zu nachhaltigen Änderungen im Verhalten/in der Welt geführt? Welche Unternehmen/Geschäftsmodelle stehen angesichts des Impfstoffs 2021 besonders im Fokus?

C. Hinterwallner: „Die Pandemie wirkte in vielen Branchen als Katalysator für ohnehin schon länger gesehene Trends. Die Themen „Online-Shopping“ oder arbeiten im „Home-Office“ haben hier klarerweise einen zusätzlichen massiven Schub erfahren, was sich auch in den sehr stark angestiegenen Kursen der Internet-Unternehmen widerspiegelt. Viele Geschäftsmodelle werden daher auch in Zukunft nachhaltig von den durch die Krise veränderten Verhaltensweisen profitieren. Zu den Profiteuren zählen natürlich ebenfalls Biotech- und Pharmaunternehmen, die mit ihren Impfstoffen einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von COVID-19 liefern.

Andererseits wird nach dem Überwinden der Pandemie vieles wieder in alte Bahnen zurückkehren, der Mensch ist schließlich ein Gewohnheitstier. So dürften in der letzten Zeit zu kurz gekommene Bedürfnisse, wie der Restaurantbesuch oder die Urlaubsreise, um einige zu nennen, eine Renaissance erfahren. Wir gehen daher davon aus, dass im Vorjahr zurückgebliebene Branchen heuer an der Börse über entsprechendes Aufholpotenzial verfügen.“

RCB: Die Corona-Hilfspakete haben die Staatsverschuldung vieler Länder massiv in die Höhe getrieben. Welche konjunkturellen Auswirkungen sind als Folge künftig zu erwarten und was bedeutet das für den langfristigen Zinsausblick?

C. Hinterwallner: „Die großvolumigen Rettungspakete seitens der Regierungen und Notenbanken zur Bekämpfung der Krise sollten dafür sorgen, dass sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren auf Erholungskurs befindet. So hat das aufgrund der Pandemie aufgelegte EZB-Wertpapierankaufprogramm PEPP allein ein Gesamtausmaß von EUR 1850 Mrd., was fast 17 % des nominellen BIPs der Eurozone entspricht. Die Inflationsgefahren sind hierbei in der ersten Phase des Aufschwungs weiterhin als moderat einzuschätzen. Dementsprechend wird der Zins für noch längere Zeit quasi abgeschafft bleiben und solcherart droht den Sparern ein realer Kaufkraftverlust. Um die Chance zu wahren diese Problematik zu umschiffen, braucht man daher auch in Zukunft eine nennenswerte Wertpapiertangente.“


 

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