Auf die Bewertung kommt es an

Auf die Bewertung kommt es an

Fundamental betrachtet: Stock Picking nach Kennzahlen

Die Wiener Börse ist auf Aufholjagd. Seit dem Tief im März 2020 hat der ATX® um mehr als 80 Prozent zugelegt. Angesichts des fortgeschrittenen Kursaufschwungs und der im Durchschnitt nicht mehr allzu niedrigen Bewertung dürfte künftig das Thema Stock Picking an Bedeutung gewinnen, also die gezielte Auswahl interessanter Einzeltitel. Um Kaufkandidaten zu finden, bedienen sich viele Profianleger der Fundamentalanalyse. Die Methode basiert auf der These, dass ein Unternehmen einen fairen oder wahren Wert besitzt, dem sich langfristig auch der Börsenkurs anpasst.

Drei Kennzahlen sind dabei elementar: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) und die Dividendenrendite. In der Regel genügt ein Blick auf die drei Kennziffern, um eine Über- oder Unterbewertung einer Aktie zu erkennen. Stimmen die Bewertungsrelationen bei ihren Investments, können Anleger auch einer anhaltend nervösen Börsenphase relativ gelassen entgegensehen.

Separat betrachtet weisen die Kennzahlen jedoch mitunter gravierende Schwächen auf. Das KGV zum Beispiel beruht auf Schätzungen zum künftigen Gewinn eines Unternehmens, die in der Regel von Analysten vorgenommen werden. Da niemand die Zukunft voraussagen kann, sind diese Prognosen naturgemäß mit großer Unsicherheit behaftet. Auch die Buchwertmethode hat bei separater Betrachtung ihre Schwächen. Denn im Gegensatz zum KGV beruht das KBV auf einer reinen Vergangenheitsbetrachtung. Der Buchwert gibt Aufschluss darüber, wie viel Substanz in Form von Eigenkapital in einem Unternehmen steckt. Das KBV stellt die Relation zur Börsenbewertung her und gibt an, welcher Anteil dieser Werthaltigkeit durch die Marktkapitalisierung abgedeckt ist. Je kleiner das KBV, desto niedriger ist eine Aktie bewertet. Auch Angaben zur Dividendenrendite – je höher sie ist, umso besser – beziehen sich in der Regel auf in der Vergangenheit gezahlte Ausschüttungen. Viel wichtiger ist aber die Einschätzung, welche Gewinnbeteiligung in der Zukunft zu erwarten ist. Die Prognosen dazu hängen von vielen Faktoren ab und können daher mit hoher Unsicherheit behaftet sein.

Wie so oft an der Börse ist auch in Sachen Bewertung die Mischung entscheidend: Idealerweise sollten bei einem Titel gleichzeitig KGV, KBV, und Dividendenrendite in der Nähe des Marktdurchschnitts oder besser noch darunter (KGV, KBV) bzw. darüber (Dividendenrendite) liegen. Vor diesem Hintergrund haben wir den österreichischen Kurszettel nach „Schnäppchen“ durchforstet. Die Kriterien: ein einstelliges 2021er-KGV, ein KBV von jeweils unter 1,0 sowie eine überdurchschnittliche Dividendenrendite von mindestens 3,5 Prozent. Nur vier Aktien auf dem Wiener Kurszettel erfüllen derzeit diese strengen Kriterien: BAWAG, RBI, Uniqa und VIG – zwei Banken und zwei Versicherungen.



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