Wachstum in CEE von Schuldenkrise in Eurozone und schwächelnder globaler Wirtschaft beeinträchtigt

  • Abschwächung des durchschnittlichen realen BIP-Wachstums in CEE auf 2,3 Prozent 2012 erwartet (2011: 3,2 Prozent); mittelfristiger Wachstumsvorsprung gegenüber Eurozone
  • Anleihen- und Devisenmärkte unter Druck
  • Allgemeines Umfeld belastet Aktienmärkte nach wie vor
  • Aktienempfehlungen: Österreichische Post, conwert, TPSA, PGE, Polymetal

     Strategie Österreich & CEE - Q IV [1.4 M]


"Die derzeitigen massiven Unsicherheiten in der Eurozone – die wichtigsten Indikatoren weisen auf eine vorübergehende Rezession hin, während die Staatsschuldenkrise von Fall zu Fall immer weiter eskaliert – wirken sich auch auf Zentral- und Osteuropa negativ aus", erklärt Peter Brezinschek, Leiter von Raiffeisen Research, einer Einheit der Raiffeisen Bank International AG (RBI). Raiffeisen Research hat daher die bisherige Wachstumsprognose für 2012 für die meisten der Länder Zentral- und Osteuropas (CEE) deutlich nach unten korrigiert und rechnet nun mit einem BIP-Wachstum von 2,3 Prozent für die gesamte Region. Für 2011 erwartet Brezinschek für CEE ein BIP-Wachstum von 3,2 Prozent. Auch wenn sich das regionale Wachstum abschwächt, schneidet CEE im Vergleich zur Eurozone, für die 1,6 Prozent für 2011 und nur noch 0,2 Prozent für 2012 prognostiziert wird, deutlich besser ab. Ebenso dürfte die CEE-Region mit einem Wachstumsvorsprung von jährlich 1,5 bis 2 Prozentpunkten bis 2015 den Aufholprozess gegenüber der Eurozone fortsetzen.

Nach Aussage des Chefanalysten von Raiffeisen Research ist CEE sowohl durch die einseitige Exportorientierung der Region (bis zu 85 Prozent aller CEE-Exporte gehen in andere EU-Länder) als auch durch die Spannungen innerhalb des europäischen Bankensektors beeinträchtigt. Brezinschek erwartet jedoch, dass die Auswirkungen dieser beiden Faktoren in der GUS weniger ausgeprägt sein werden als in Zentraleuropa (CE) und Österreich, weil die Inlandsnachfrage in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion stärker ausgeprägt ist. Raiffeisen Research rechnet für die GUS mit einem BIP-Wachstum von 3,6 Prozent für 2011 und von 3 Prozent für 2012. "Im Vergleich zu 2011 dürfte die durchschnittliche BIP-Wachstumsrate in Zentraleuropa von 2,9 Prozent um etwa die Hälfte auf 1,4 Prozent zurückgehen", prognostiziert Brezinschek. Real wird das BIP Südosteuropas (SEE) 2011 und 2012 voraussichtlich um nur 1,6 Prozent wachsen. Brezinschek rechnet für Österreich mit einer vorübergehenden Stagnation und erwartet für 2012 aufgrund rückläufiger Investitionen und Nettoexporte ein BIP-Wachstum von nur 0,4 Prozent. Für 2011 geht er in Österreich nach wie vor von einem soliden BIP-Wachstum von 3,0 Prozent aus.

"Anders als 2009 sehen wir sogar für den Fall einer Umschuldung Griechenlands, die ja von drakonischen Konsolidierungsmaßnahmen und einer Rekapitalisierung des Bankensystems begleitet wäre, keinen Einbruch in der Produktion, wie wir ihn angesichts der Lehman-Pleite hatten, sofern es gelingt, durch Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens auf den Finanzmärkten eine weitere Ansteckung zu verhindern", erklärt Brezinschek.

Zinssenkungen in einigen CEE-Ländern erwartet

Brezinschek ist der Ansicht, dass die teilweise rezessiven Trends auch den Inflationsdruck bei Rohstoffen und Energie dämpfen werden, was die Ölpreise 2012 wahrscheinlich um etwa 15 Prozent fallen lassen könnte. Dies würde zu einem leichten Rückgang der Inflationsrate in Österreich und den CEE-Ländern führen. "Im Zuge einer Restrukturierung der griechischen Staatsschulden wird die EZB auch den Leitzins auf 1 Prozent oder noch darunter senken. Das wird sich auch auf die Zentralbanken in CE auswirken, was zumindest in Polen Zinssenkungen wahrscheinlich macht, während die Zinsen in der Tschechischen Republik wohl auf ihrem historischen Tiefstand bleiben werden. Außerdem glauben wir, dass die Spitzen im russischen Zinszyklus bereits hinter uns liegen", fügt Brezinschek hinzu.

Aufwertung von CEE-Währungen gegenüber Euro im H2/2012 erwartet

"Frei konvertierbare Währungen wie der Zloty und der Forint sind vor dem Hintergrund eines schwachen Euro nach wie vor anfällig, wobei die politische Entwicklung in Ungarn eine zusätzliche Risikoquelle ist", erläutert Brezinschek. Er rechnet für das zweite Halbjahr 2012 mit ersten Anzeichen eines neuerlichen Aufschwungs, der dann seinerseits die wichtigsten CEE-Währungen in Relation zum Euro stärken wird.

CEE-Aktienmärkte: Negative Faktoren beherrschen die Entwicklung bis Frühjahr 2012

"Auch die Aktienmärkte der CEE-Länder hatten unter dem globalen Abwärtstrend zu leiden, und seit Jahresbeginn kommt es in vielen Bereichen zu Einbrüchen. Die Spanne reicht hier von minus 8 Prozent in Kroatien bis minus 40 Prozent in der Ukraine", sagt Brezinschek und erklärt, es fehle den Aktienmärkten angesichts hartnäckig schlechter Nachrichten zur Schuldenkrise und zum Konjunkturabschwung an Unterstützung. Abgesehen von vorübergehenden Erholungen werden seiner Meinung nach negative Faktoren die Marktentwicklungen bis ins Frühjahr 2012 dominieren, was auf einen weiteren Kursverfall hindeutet. "Wir glauben, dass die Märkte die Talsohle erst dann überwunden haben werden, wenn für die Länder an der Peripherie der Eurozone ein Neubeginn gesichert ist. Angesichts der ersten zarten Anzeichen einer wirtschaftlichen Stabilisierung dürfte es im zweiten Halbjahr 2012 zu einer Wende kommen", fügt der Chefanalyst von Raiffeisen Research hinzu. Brezinschek empfiehlt: "Trotz vermeintlich attraktiver Bewertungen sollte man bedenken, dass auch die Gewinnprognosen der CEE-Unternehmen für 2012 ein wenig heruntergeschraubt werden müssen. Wir nehmen daher eine weitgehend defensive Sektorpositionierung vor. Ausgewählte Investments in Unternehmensanleihen mit BB-Rating in der GUS, wie etwa in die Alfa Bank und Vimpelcom, mit Renditen zwischen 6,4 und 9,4 Prozent könnten für risikofreudige Anleger eine Alternative darstellen."

Internationale Entwicklung gibt Ton auf österreichischem Aktienmarkt an

Auch auf den österreichischen Aktienmarkt hatte die Staatsschuldenkrise in der Eurozone in Kombination mit Sorgen zur aktuellen Wirtschaftssituation erhebliche Auswirkungen. Nach Angaben von Birgit Kuras, der Chefanalystin der Raiffeisen Centrobank AG, wird Österreich – wie die anderen europäischen Märkte – auch in Zukunft weiter dem Einfluss der Griechenlandkrise und den damit verbundenen Unsicherheiten ausgesetzt sein.

Die jüngsten Kursverluste haben die Bewertungskomponenten weit nach unten gedrückt und lassen den österreichischen Markt gegenüber den historischen Kurs-Gewinn-Verhältnissen und Kurs-Buchwertverhältnissen moderat bewertet erscheinen. So haben etwa die aggregierten Gewinnschätzungen, ausgehend von den Kurs-Gewinn-Verhältnissen für 2012, einen Stand von 8,5 erreicht, während das Kurs-Buchwert-Verhältnis auf 0,8 gesunken ist. Allerdings kommt es in einem solchen Umfeld kurzfristig nicht so sehr auf die Bewertungen an. "Obwohl österreichische Unternehmen starke Fundamentaldaten vorzuweisen haben, werden sie sich dem negativen Marktklima nicht entziehen können", so Kuras. Sie rechnet mittelfristig mit einer negativen Entwicklung des ATX, die den Index bis Dezember auf 1.800 und bis März 2012 auf 1.700 Punkte bringen könnte.

Unternehmen werden vorsichtiger

Trotz ihrer überwiegend guten Quartalsperformance legen die meisten österreichischen Unternehmen in Reaktion auf die schwierigen Marktbedingungen nun vermehrt Vorsicht an den Tag, wobei sie erneut auf die geringere Visibilität für Q4 und 2012 verweisen. Der Verbund hat seinen Gewinnausblick nach unten korrigiert und rechnet mit einem Betriebsergebnis unter jenem des Vorjahres samt weiterhin ungünstigen Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit. Ebenso erwartet die Erste Group eine zusätzliche Ertragsbelastung durch Maßnahmen der ungarischen Regierung im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten.

Insgesamt ist der Ausblick für die kommende Periode vorsichtig. Kuras betont die Notwendigkeit einer tragfähigen und langfristig angelegten politischen Lösung für die Staatsschuldenkrise, weil andernfalls keine nachhaltige Entspannung an den Märkten zu erwarten ist.

Aktienempfehlungen: Österreichische Post, conwert, TPSA, PGE, Polymetal

Die zunehmenden Konjunkturrisiken und die herrschende Unsicherheit an den Märkten aufgrund der weiteren Entwicklung der europäischen Schuldenkrise machen vor allem defensive Titel zu aktuellen Kernempfehlungen.

Die Analysten der Raiffeisen Centrobank begründen ihre Kauf-Empfehlung für die Österreichische Post mit dem weniger zyklischen Geschäftsmodell, der hohen Nettoliquidität von geschätzten EUR 375 Millionen zum Jahresende 2011 und der attraktiven Dividendenrendite von ca. 8 Prozent. Die positiven Effekte der Änderung des Briefportosystems werden nach Meinung des Company Research-Teams im Zeitraum Q3/11 – Q1/12 noch stärker sichtbar sein als im zweiten Quartal 2011, da die Portopreisänderung erst im Mai in Kraft getreten ist.

Immobilien

conwert notiert gegenwärtig mit einem Abschlag von über 40 Prozent gegenüber seinem Nettosubstanzwert (NAV). "Während sich das Unternehmen vor allem auf die Kernmärkte Österreich und Deutschland fokussiert, konzentrieren sich die übrigen österreichischen Peers verstärkt auf die osteuropäischen Märkte", stellt Stefan Maxian, Leiter des Company Research der Raiffeisen Centrobank, fest. Deutsche Wohnimmobilienaktien werden derzeit allerdings mit einem deutlich geringeren Abschlag zum zuletzt ausgewiesenen NAV gehandelt.

Telekommunikation

Laut Maxian ist der polnische Telekomwert TPSA dank seiner starken Bilanz und der erwarteten Erwirtschaftung eines positiven bereinigten Cash-Flows von ca. PLN 2,4 Milliarden zum Jahresende für unsichere Zeiten gut gerüstet. „Wir gehen davon aus, dass TPSA von der VDSL-Einführung und der Kooperation mit TVN profitieren wird. Diese wird nicht nur neue Breitbandkunden bringen, sondern sollte auch den durchschnittlichen Umsatz pro Kunde (ARPU) im Breitbandbereich stützen sowie die Abwanderung aus dem Festnetz eindämmen", so Maxian.

Versorger

Der polnische Versorger PGE hat zum aktuellen Kurs einiges an der Bewertungsprämie gegenüber weniger profitablen Vergleichsunternehmen abgebaut. Der Verkauf von Polkomtel dürfte noch 2011 abgeschlossen werden, sodass PGE Spielraum zur weiteren Unternehmensgestaltung, insbesondere zur Vorbereitung der Kraftwerksflotte für zukünftige Kapazitätsanforderungen sowie für Dividendenausschüttungen hat. Weiters zeigen sich die Strompreise in Polen weniger volatil als in anderen CEE Ländern.

Grundstoffe

Das russische Grundstoffunternehmen Polymetal könnte aufgrund seines Edelmetall-Engagements (Gold und Silber) als gute Absicherung angesehen werden. Das starke organische Wachstum der Goldäquivalent-Produktion von Polymetal auf 1,3 Mio. Unzen bis 2013 impliziert eine Zunahme der konsolidierten Umsätze in Höhe von 26 Prozent über die kommenden zwei Jahre.

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Die Raiffeisen Bank International AG (RBI) betrachtet Österreich, wo sie als eine führende Kommerz- und Investmentbank tätig ist, und Zentral- und Osteuropa (CEE) als ihren Heimmarkt. In CEE verfügt die RBI über ein engmaschiges Netzwerk von Tochterbanken, Leasinggesellschaften und zahlreichen spezialisierten Finanzdienstleistungsunternehmen in 17 Märkten.

Die RBI ist als einzige österreichische Bank nicht nur in den Weltfinanzzentren, sondern mit Filialen und Repräsentanzen auch in Asien, dem weiteren geografischen Schwerpunktmarkt des Konzerns, präsent.

Insgesamt betreuen rund 60.000 Mitarbeiter circa 13,5 Millionen Kunden in rund 3.000 Geschäftsstellen, der überwiegende Teil davon in CEE.

Die RBI ist eine voll konsolidierte Tochter der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB). Die RZB hält indirekt rund 78,5 Prozent der Aktien, der Rest befindet sich im Streubesitz. Die RBI-Aktie notiert an der Wiener Börse. Die RZB ist Spitzeninstitut der Raiffeisen Bankengruppe Österreich, der größten Bankengruppe des Landes, und Konzernzentrale für die gesamte RZB-Gruppe einschließlich der RBI.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte Michael Palzer (+43-1-71 707-2828, michael.palzer(at)rbinternational.com) oder Alexandra Jocham (+43-1-71 707-5627, alexandra.jocham(at)rbinternational.com, www.rbinternational.com, www.rzb.at

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Die Raiffeisen Centrobank AG, das Equity-Haus der Raiffeisen Bank International, ist eine führende österreichische Investmentbank mit starkem Fokus auf die CEE-Region. Sie bietet das gesamte Spektrum der Dienstleistungen und Produkte rund um Aktien, Derivative und Eigenkapitaltransaktionen in und außerhalb der Börse an. Auf Basis dieser Position bietet die Investmentbank außerdem exklusive individuelle Private Banking-Dienstleistungen an.

Weitere Informationen:
Dr. Andrea Pelinka-Kinz
+431 51520 614
andrea.pelinka-kinz(at)rcb.at
www.rcb.at